Eiszeitfenster Oberrheingraben
Der Klimawandel ist ein aktuelles Thema. Für Prognosen in die Zukunft sind Untersuchungen an Archiven der Vergangenheit sehr wichtig.
- Laufzeit: 01.10.2016 - 30.09.2020
- Förderer: Klaus Tschira Stiftung
- Partner: Reiss-Engelhorn-Museen und die Universität Potsdam
Klima und Umwelt im Ober- und Mittelpleistozän Südwestdeutschlands
Einblicke in den vergangenen Klimawandel zu gewinnen und dessen Auswirkung auf Flora und Fauna zu beleuchten, ist derzeit Gegenstand eines von der Klaus Tschira Stiftung geförderten Projektes. Gemeinsam arbeiten die Reiss-Engelhorn-Museen, die CEZA und die Universität Potsdam daran, das Klima im Oberrheingraben über den Zeitraum der letzten Jahrzehntausende zu rekonstruieren. Der Oberrheingraben erstreckt sich auf bis zu 30 km Breite und 300 km Länge von Basel bis Frankfurt/Main bzw. Mainz. Seine Sedimentschichten schließen die quartären Kalt- und Warmzeiten bis heute ein und sind damit ein bedeutendes kontinentales Klima- und Umweltarchiv für Mitteleuropa. Die Kies- und Sandlager werden seit langem zu wirtschaftlichen Zwecken abgebaut. Dabei kommen auch fossile Faunen- und Florenreste zu Tage. Von Großsäugern wie z.B. Höhlenlöwe, Leopard, Höhlen- und Braunbär, Waldelefant, Mammut, Auerochse, Wasserbüff el, verschiedenen Hirscharten, dem Steppen- und Waldnashorn sowie Flusspferden finden sich ebenso Reste wie von der Flora in Form von Baumstämmen.
Das Probenmaterial des Projektes stammt weitestgehend aus der Sammlung Klaus Reis aus Deidesheim, die mit über 15.000 Einzelobjekten (craniale und postcraniale Skelettelemente, hauptsachlich aus dem Fundgebiet „Oberrheingraben“) eine der umfangreichsten quartärpaläontologischen Privatsammlungen Europas ist. Durch ihre Zustiftung an die Curt-Engelhorn-Stiftung erfolgte eine überaus wichtige Ergänzung der bestehenden quartärpaläontologischen Sammlung der Reiss-Engelhorn-Museen.
Report
Das Probenmaterial, das uns zur Verfügung steht, verschließt sich einer Zuweisung zu bestimmten Sedimentschichten und damit einer stratigraphischen Alterseinordnung. Die Datierung ist deshalb nur durch chemisch-physikalische Analysen, z.B. mit Hilfe der 14C-Methode an Einzelfunden durchführbar. Da diese Methode aber nur bis maximal 50.000 Jahre zurückreicht, sind Alters- und Umweltaussagen älterer Funde nur in der Kombination mit weiteren Untersuchungen, wie Analysen der stabilen Isotopenverhältnisse der Elemente Stickstoff , Kohlenstoff und Sauerstoff (δ15N, δ13C, δ18O) und der Paläogenetik der zeitlichen Berechnungen der Gensequenzveränderungen ausgewählter Arten möglich.
Die Rekonstruktion der Klimageschichte und deren Auswirkung auf die Flora und Fauna geschieht über die Identifikation von Tieren, die zu Zeiten ähnlicher bzw. unterschiedlicher klimatischer Verhältnisse gelebt haben. Gelingt eine Zuordnung zu bestimmten Kalt- oder Warmphasen, lassen sich detaillierte Erkenntnisse über die Klimaverhältnisse und -veränderungen innerhalb dieser bzw. zwischen diesen gewinnen. C- und N-Isotopenverhältnisse von Knochenkollagen und C-Isotopenverhältnisse am strukturellen Karbonat von Proben derselben Tierart reflektieren langzeitige Veränderungen des Ernährungsverhaltens als Reaktion auf veränderte Klima- und Umweltbedingungen, die das Nahrungsangebot der Tiere steuerten. Für gleichzeitig lebende Tierarten können diese Daten Räuber-Beute-Beziehungen offenlegen und helfen, Nahrungsketten und Nahrungsnetze zu rekonstruieren.
Die Methoden zur Analyse fossiler DNA wie DNA-Extraktion und -sequenzierung wurden in den letzten 5–10 Jahren kontinuierlich verbessert. Allerdings gibt es dennoch bisher nur einzelne paläogenetische Studien an nicht-humanen eiszeitlichen Faunenelementen mit einer Zeittiefe über 50.000 Jahre. Das vorhandene Sammlungsmaterial soll genutzt werden, um in diesem neuen Forschungsfeld eine groß angelegte, populationsgenomische Studie durchzuführen. In der ersten Phase des Projektes wurde begonnen, Proben mit Hilfe von 14C zu screenen, damit eine grobe Übersicht über die vorhandenen Altersbereiche ersichtlich wird. Es ergeben sich vor allem 14C-Alter im Bereich von 30.000 cal BC – 48.000 cal BC. Einige bisher analysierte Proben sind, wie erwartet, älter als 50.000 Jahre bzw. mit 14C nicht datierbar. Erste interessante Ergebnisse der stabilen Isotopen-Analysen und der DNA-Untersuchungen liegen ebenfalls vor und liefern bemerkenswerte Aussagen.