Die Hohenheimer Jahrringsamlung ist eine der bedeutendsten dendrochronologischen Sammlungen Europas. Mit Proben von etwa 35.000 gut erhaltenen Bäumen – vor allem Eichen- und Kiefernproben – verpackt in rund 3.000 Kisten, liefert es eine lückenlose, absolut datierte Chronologie von 10.460 v. Chr. bis heute (12.460 aufeinanderfolgende Jahresringe). Die Reihe untermauert die heutige IntCal20-Radiokarbonkalibrierung und ist ein Eckpfeiler für die archäologische Datierung und hochauflösende Klimaforschung.
Anfänge
Der österreichische Botaniker Bruno Huber begann die Sammlung in den 1940er Jahren an der Universität München. Sein ehemaliger Assistent, Prof. Dr. Bernd Becker, brachte das Archiv in den 1970er Jahren an die Universität Hohenheim. Innerhalb vieler Projekte kamen subfossile Fluss-Eichen, archäologisches Holz und Bohrkerne lebender Bäume aus ganz Mitteleuropa hinzu – hauptsächlich aus den Regionen Süddeutschlands entlang der Flüsse Main und Donau. Durch systematische Messungen und Kreuzdatierungen der Ringbreiten erstellte Beckers Team die erste kontinuierliche Masterkurve für das Spätglazial/Holozän.
Die Sammlung in Zahlen
- Arten: Vorwiegend Quercus robur/petraea und Pinus sylvestris
- Stichprobengröße: Scheiben mit einem Durchmesser von bis zu 1 m, Scheiben mit einer Dicke von einigen Zentimetern, Bohrkerne
- Messgenauigkeit: Jahresringe gescannt und mit einer Genauigkeit von 0,01 mm (1/100 mm) gemessen
- Unterstützende Daten: Original-Feldprotokolle, Karteikarten, Fotos und alte digitale Dateien, die nun in ein SQL-Archiv migriert wurden
- ~15.500 weitere dendrochronologische Messungen (ohne die dazugehörigen physischen Proben)
- Insgesamt circa ~24.2000 datierte Messreihen
Ein neues Zuhause in Mannheim
Ein von der Klaus-Tschira-Stiftung finanzierter Umzug fand in mehreren Etappen statt. Die ersten 300 Kisten (> 5 t) trafen im Mai 2015 ein; die letzten Lkw-Ladungen wurden Ende 2020 entladen. Eine klimatisierte Lagerung, eine digitale Bestandsverwaltung und Fotodokumentationen sind vorhanden, und der öffentliche Zugang zum digitalen Katalog ist für die Zukunft geplant.
Warum das Archiv wichtig ist
- Absolute dendrochronologische Datierung von archäologischem Holz unter Verwendung der langen Chronologien des Archivs.
- Klimaproxies: Ringbreiten und -dichten lassen auf Änderungen in der Temperatur, dem Niederschlag und ökologischen Stress der Bäume schließen und bis zurück in die Jüngere Dryas zurückverfolgen; unter Verwendung stabiler Isotope (δ¹³C, δ¹⁸O, δ²H) lassen sich jährlich aufgelöste Klimarekonstruktionen über die gesamte 12.000-jährige Chronologie erstellen; die Tiefe des Archivs und die rund 44.000 Exemplare bieten reichlich Material für hochgradig replizierte, statistisch robuste Proben- und Datenreihen.
- Radiokarbon-Kalibrierung: Die an den Holzproben gemessenen ¹⁴C-Daten bilden nach wie vor das Rückgrat des IntCal20-Datensatzes für die nördliche Hemisphäre. Archivierte Holzproben werden in aktuellen und zukünftigen Forschungsprojekten verwendet, um die Kalibrierungskurve mit hoher zeitlicher Auflösung weiterhin zu verfeinern.
- Interdisziplinäre Infrastruktur: Das Archiv ist mit den Radiokarbon- und Stabilisotopenlaboren von CEZA verbunden, was aktuelle und zukünftige interdisziplinäre Analysen ermöglicht.
Arbeiten Sie mit uns zusammen
Wir laden Forscher ein, das Potenzial des Archivs zu erkunden. Ganz gleich, worauf Sie sich konzentrieren:
- Dendrochronologie
- Paläoklimatische Rekonstruktion
- Radiokarbon-Kalibrierung
- Methodische Fortschritte in der Baumringforschung
- Kunstgeschichte oder Denkmalforschung
Wir würden uns freuen, mögliche Kooperationen zu besprechen.
Mit Blick auf die Zukunft möchten wir das Archiv durch die Sammlung neuer Holzproben aus relevanten Kontexten wie Kiesgruben und archäologischen Fundstellen erweitern. Wir suchen aktiv nach Kooperationspartnern, die uns bei diesen Bemühungen unterstützen.
Wir sind auch offen dafür, anderen dendrochronologischen Archiven, die möglicherweise verlegt werden müssen, einen sicheren und forschungsorientierten Standort zu bieten.
Wenn Sie an einer Zusammenarbeit mit dem Archiv interessiert sind – sei es für ein gemeinsames Forschungsprojekt oder für die Bereitstellung von Proben – nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Wir würden uns freuen, gemeinsam mit Ihnen Möglichkeiten zu erkunden.

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Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.