Das konnte im Rahmen dieses Forschungsprojekts nachgewiesen werden. Seit fünf Jahren untersuchen Wissenschaftler der Reiss-Engelhorn-Museen, der CEZA sowie der Universität Potsdam Hunderte von Knochenfunden gemeinsam.
Der Oberrheingraben ist ein wichtiges kontinentales Klimaarchiv. Tierknochen, die die Jahrtausende in den Kies- und Sandablagerungen überdauert haben, sind eine wertvolle Quelle für die Forschung. Die Funde öffnen ein Fenster in die Vergangenheit und liefern zahlreiche neue Erkenntnisse zur Klima- und Umweltentwicklung der letzten Kaltzeit in Südwestdeutschland.
Der Oberrheingraben erstreckt sich auf bis zu 40 km Breite und 300 km Länge von Basel bis Frankfurt/Main. Die Senke ist reich an unterschiedlichen Sedimentschichten aus verschiedenen geologischen Zeiten. Die obersten, durchschnittlich 30 Meter mächtigen Kies- und Sandablagerungen im zentralen Grabenbereich werden in der internationalen geologischen Gliederung als „Mannheimer Formation“ bezeichnet und umfassen einen Zeitraum von etwa 400.000 Jahren.
Über den wirtschaftlichen Abbau von Sand und Kies kamen und kommen immer wieder Tierknochen aus dem Eiszeitalter zum Vorschein. DieFamilie Klaus Reis aus Deidesheim trug über Jahrzehnte eine bedeutende paläontologische Privatsammlung zusammen. Die Sammlung Reis umfasst fast 20.000 Objekte und weist ein großes Artenspektrum auf – komplette Schädel von Riesenhirschen und Steppenbisons sind hier ebenso vertreten wie z.B. Skelettreste von Mammut, Wollhaarnashorn, Höhlenlöwe, Elch, Wildpferd, Wasserbüffel oder Flusspferd. Über die Curt-Engelhorn-Stiftung konnte die Sammlung 2016 an die Reiss-Engelhorn-Museen geholt werden. Hier bildet sie eine wichtige Basis für die Wissenschaft. Ausgewählte Probenserien wurden im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Eiszeitfenster Oberrheingraben“ mit modernsten Methoden untersucht. Durchgeführt werden beispielsweise radiometrische und bioarchäologische Untersuchungen wie die 14C-Datierung zur Altersbestimmung, die Analyse stabiler Isotope zur Ernährungs- und Umweltrekonstruktion sowie paläogenetische Untersuchungen zur Klärung von Verwandtschaftsverhältnissen verschiedener Arten.
Zu einem überraschenden Ergebnis führte die Analyse von Flusspferdfunden im Rahmen des Forschungsprojekts. Dass diese Tiere, die heute nur noch in Afrika heimisch sind, einst auch in Deutschland lebten, war seit langem bekannt. Es wurde jedoch angenommen, dass die wärmeliebende Art hier bereits am Ende der letzten Warmzeit vor 116.000 Jahren ausgestorben ist. Die aktuellen Datierungen an Funden aus unterschiedlichen Kiesgruben im Oberrheingraben widerlegen diese Annahme.
Insgesamt 30 Flusspferdfunde konnten mit der 14C-Methode datiert werden. Die Ergebnisse wurden von einem zweiten Labor bestätigt. Sie zeigen, dass zwischen 48.000 und 32.000 Jahre vor heute noch Flusspferde im Oberrheingebiet lebten. Damit ist bewiesen, dass Flusspferde während der letzten Kaltzeit gleichzeitig mit Mammut, Wollhaarnashorn, Höhlenlöwe und Co. in der Region heimisch waren.
Eine weitere Untersuchung stützt die Schlussfolgerung, dass das Klima im Oberrheingraben milder war als bisher allgemein angenommen. Neben Knochen wurden auch Holzfunde mit der 14C-Methode analysiert. Dabei kam heraus, dass es sich um Eichen mit einem Umfang von bis zu 80 cm handelt, die vor rund 40.000 Jahren in der Oberrheinregion wuchsen.
Die neusten Forschungsergebnisse wurden auch in der Sonderausstellung „Eiszeit-Safari“ in den Reiss-Engelhorn Museen präsentiert. Die Schau lud Kinder und Erwachsene auf eine spannende Reise in die Welt der letzten Eiszeit vor 40.000 bis 15.000 Jahren ein. Hier trafen die Besucher nicht nur auf Mammut & Co., sondern auch auf ein Flusspferd. Aus aktuellem Anlass wurde speziell für die Ausstellung eine lebensechte Rekonstruktion angefertigt.
Details dazu auf rem-mannheim.de:
www.rem-mannheim.de/ausstellungen/sonderausstellungen/eiszeit-safari/