Wissenschaftler haben im Mont Blanc-Massiv (Dôme du Goûter) einen Eisbohrkern entdeckt, der bis in die letzte Eiszeit zurückreicht – der bislang älteste bekannte Gletschereis-Kern aus den Alpen. Der 40 Meter lange Bohrkern liefert detaillierte Informationen über die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre und das Klima der letzten 12.000 Jahre.
Dank Radiokarbondatierung konnte festgestellt werden, dass in diesem Eiskern Aerosole wie Wüstenstaub, Meersalz, Vulkanasche und menschliche Schadstoffe bis zur letzten Eiszeit hin konserviert sind. Dies macht ihn zu einer einzigartigen Quelle für die Rekonstruktion vergangener Umweltbedingungen und Klimaveränderungen in Europa.
Das Eis blieb trotz der Erwärmung im 20. Jahrhundert gut erhalten, da es auf über 4.000 Metern Höhe gelagert war. Frühere Bohrungen in unmittelbarer Nähe enthielten nur wenige hundert Jahre altes Eis – eine Überraschung für die Forschenden.

Die Analyse zeigt unter anderem:
- Eine Abkühlung um etwa 3 °C während der letzten Eiszeit im Vergleich zur heutigen Warmzeit (Holozän).
- Starke Schwankungen bei Staub-, Salz- und Phosphorablagerungen, die auf Vegetationsveränderungen, Windmuster und menschliche Aktivitäten hinweisen.
- Ein etwa achtfach höherer Staubanteil während der Eiszeit, was frühere Klimamodelle übertrifft und auf vermehrten Saharastaub hindeutet.

Zukünftig wollen die Forscher die Daten weiter auswerten, um Zusammenhänge zwischen Umweltveränderungen und historischen menschlichen Aktivitäten – etwa Bergbau oder Industrialisierung – besser zu verstehen. Die Ergebnisse sollen außerdem helfen, Klimamodelle für Vergangenheit und Zukunft zu verbessern.
Anspruchsvolle Messungen am CEZA
Das Alter des Bohrkerns wurde mit einer Kombination verschiedener Datierungsmethoden bestimmt. Zum einen wurde das in den Gasblasen des Eises eingeschlossene Argon (speziell 39Ar) durch eine neu entwickelte Methode mittels Laserkühlung (Atom Trap Trace Analysis) datiert. Zum anderen wurde das Alter kleinster Mengen organischen Materials mit Hilfe der Radiokarbondatierung bestimmt und mit historisch bekannten Blei-Verschmutzungen (z. B. Römerzeit) in Bezug gesetzt.

Das CEZA in Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern gehört zu den wenigen Laboren, die über die technische Ausrüstung und das Know-How zur Durchführung dieser Untersuchungen verfügen. Insbesondere verfügt CEZA über modernste Geräte zur Gewinnung organischer Kleinstmengen aus Eiskernen, die notwendig sind, um das hochseltene Argon-Isotop an Radiokarbon-Beschleunigern zu datieren. Die spezifischen Anforderungen für diese Art der Untersuchungen sind extrem anspruchsvoll, weshalb es uns freut, mit dieser Expertise bei obenstehender Untersuchung mitgewirkt zu haben.