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Zinnisotopenanalyse

Anwendung

Mit Hilfe der Isotopenzusammensetzung des Zinns in archäologischen Zinn- und Bronzeobjekten können Fragen bezüglich Herkunft, Herstellungstechnik (z. B. Recycling) oder zum Zusammenhang von Artefakten beantwortet werden. Auch für Fragestellungen an geologischem und modernem Material kann die Methode hilfreich sein.

Die Isotopenverhältnisse von chemischen Elementen in natürlichen Gesteinen und kulturhistorischen Objekten können variieren. Ursache hierfür sind zum einen der radioaktive Zerfall von instabilen Isotopen, zum Beispiel von Rubidium, Uran oder Rhenium, der zu variablen Isotopenzusammensetzungen von Strontium, Blei oder Osmium führt. Zum anderen werden auch stabile Isotope auf Grund ihrer Massenunterschiede im Verlauf von physikalischen (Diffusion, Verdampfung), chemischen (Verhüttung, Oxidation, Reduktion) und biologischen Prozessen voneinander getrennt.

Solche Prozesse sind sowohl bei der Herstellung von kulturhistorischen Objekten (Metallen, Legierungen, Schlacken, Keramik, Glas) als auch während der Bildung von deren Ausgangsmaterialien (Erze, Minerale) von großer Bedeutung. Sie verleihen den Reaktionsprodukten einen jeweils spezifischen isotopischen Fingerabdruck. Dieser enthält möglicherweise zwei Informationen: zum Einem über die Beschaffenheit der Elementquelle und zum Zweiten über den Transferprozess von der Quelle zum Reaktionsprodukt. Mit Hilfe des isotopischen Fingerabdrucks des Zinns in Bronzen und Zinnmetall, können so Fragen hinsichtlich Herkunft, Herstellungstechnik oder zum Zusammenhang von Artefakten untereinander beantwortet werden.

Die Messung der Verhältnisse der stabilen Isotope des Zinns zur Beantwortung archäologischer Fragestellungen sowie ihrer spezifischen Aussagekraft stehen noch am Anfang der Forschung, und gerade Details der Isotopensystematiken müssen noch untersucht werden. Für die Herkunftsbestimmung ist aber bereits jetzt abzusehen, dass ein einzelnes Isotopensystem aufgrund großer Variationen in den Isotopenzusammensetzungen von Zinnlagerstätten nur eingeschränkt eingesetzt werden kann. Streng genommen sprechen wir auch nicht von Herkunftsbestimmung, sondern – wie bei der Bleiisotopenmethode auch – von einer Eingrenzung der Herkunft.

Dies liegt primär in den isotopischen Überschneidungen der Lagerstätten begründet, wodurch nur im Ausschlussprinzip argumentiert werden kann. D. h. bei nicht passenden Isotopenverhältnissen können Lagerstätten zwar ausgeschlossen werden, eine positive Zuweisung kann aber nicht erfolgen. Hier bietet sich die Integration zusätzlicher Daten von anderen Isotopensystemen (z. B. Kupfer, Blei), der Geochemie (chemische Zusammensetzung) oder auch aus den Geschichtswissenschaften an, um Hypothesen zur Provenienz zu überprüfen. Aber auch hinsichtlich der spezifischen Zusammenhänge von Artefakten untereinander birgt ein sogenannter Multiparameteransatz großes Potenzial. So lassen sich bei Kombination von Zinn-, Kupfer- und Bleiisotopen mit der chemischen Zusammensetzung beispielsweise gezielt Fragen hinsichtlich von Materialmischungen oder Recycling verfolgen. Der CEZA stehen hierfür eine „state of the art“ analytische Ausrüstung, umfangreiche Datenbanken und Naturwissenschaftler zur Beratung und Interpretation der Analysedaten zur Verfügung.


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Abbildung 1: Kassiterit (Zinnstein) auf Quarz und Dolomit aus Panasqueira, Portugal.

Grundlagen

Zinn hat zehn stabile Isotope und damit die meisten aller Elemente des Periodensystems. Dies ergibt einen großen Atommassenbereich (112 bis 124), über den die Massenfraktionierung mit hoher Präzision bestimmt werden kann. Das Element hat siderophile und chalkophile Eigenschaften und ist damit besonders prädestiniert, Prozesse in denen metallische und sulfidische Phasen involviert sind, zu charakterisieren. Für die Archäometrie sind Zinnmetall und Bronze, eine Legierung bestehend aus Zinn und Kupfer, solche Phasen.

Das bedeutendste Zinnmineral, sowohl heute als auch in der Vorgeschichte, ist Zinnstein bzw. Kassiterit (SnO2). Für die Bestimmung der Isotopenverhältnisse des Zinns müssen Proben gelöst werden. Dies erfolgt bei Metall mit Salzsäure, während Kassiterit zuvor thermisch zu Zinnmetall reduziert werden muss. Grund dafür ist die hohe Beständigkeit des Zinnsteins gegenüber Säuren. Die Probenlösungen werden im Anschluss chromatographischen Schritten unterzogen, um das Zinn von der Probenmatrix zu isolieren und so Störungen bei der Messung zu vermeiden. Außerdem wird der Zinnlösung ein Antimonstandard zugesetzt, der zur Korrektor der Massendiskriminierung im Spektrometer dient.

Zur Messung steht der CEZA ein Neptune Plus Multikollektor-Massenspektrometer zur Verfügung, mit dem die Isotopenverhältnisse hochpräzise bestimmt werden können. Angegeben werden die Verhältnisse relativ zu einem Zinnisotopenstandard als Delta-Werte (δ-Notation). Diese können mit der Zinnisotopendatenbank der CEZA verglichen werden, die mittlerweile weit über 1.000 Datensätze von Zinnerzen (Europa, Ägypten, Asien) und Metallobjekten umfasst. Auch liegen aus vielen Experimenten umfangreiche Erkenntnisse über das Verhalten von Zinn bei pyrometallurgischen Prozessen vor. Auf diese Weise ist es möglich, verschiedenste Fragestellungen systematisch zu untersuchen.


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Abbildung 2: Spätbronzezeiltiche Zinnbarren (ca. 1300–1200 v. Chr.) aus einem Schiffswrack vor der Küste Israels bei Haifa (Foto: Ehud Galili, Universität Haifa; Berger et al. 2019).

Probenbeschaffenheit

Die Probengröße hängt von der Zinnkonzentration in der Probe ab, die sehr variabel sein kann! Bei Bronzeproben empfehlen wir eine Probenmenge von 50 mg, bei metallischem Zinn oder  Zinnlegierungen sollten es mindestens 20 mg sein. Rein technisch betrachtet können 1 mg oder weniger ausreichen. Allerdings stellt sich bei dieser geringen Menge die Frage, inwieweit sie repräsentativ für das Gesamtobjekt ist und die Analysenergebnisse sinnvoll zu interpretieren sind.

Dieser Aspekt ist bei Erzproben noch deutlich kritischer zu sehen, zumal Erzlagerstätten von Natur aus heterogen aufgebaut sind. Je größer deshalb die Materialmenge an Erz ist, desto repräsentativer und aussagekräftiger ist das Ergebnis. Für eine Zinnisotopenanalyse an Kassiterit wird an der CEZA aus ca. 50–100 Einzelkristallen ein Probenpulver hergestellt, das anschließend thermisch zu Zinnmetall reduziert wird. Um diese Anzahl an Kristallen zu erreichen, sollte die Menge an Zinnerz 50 g nicht unterschreiten; dies hängt allerdings maßgeblich vom Gehalt an Zinnmineralen in der Probe ab.

Forschungsschwerpunkte

Materialien