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Der südliche Oberrhein in der Hallstattzeit

Die bislang am CEZA durchgeführten Isotopenanalysen erbrachten aufschlussreiche Ergebnisse hinsichtlich Landnutzung, Mobilität und Ernährung der ältereisenzeitlichen Bevölkerung beiderseits des Rheins.

  • Laufzeit: 01.09.2016 - 20.02.2020
  • Partner: Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg

Archäologische und bioarchäometrische Untersuchungen zu Siedlungsorganisation und zur Sozialstruktur

Die Oberrheinebene ist mit ihren geomorphologischen, klimatischen und geographischen Gegebenheiten eine geschlossene, siedlungsfreundliche und verkehrsgünstige Landschaft mitten im Bereich der nordwestalpinen Hallstattkultur (800-450 v. Chr.). Hier zeigen sich archäologische Indikatoren für die Entstehung und Veränderung von Machtstrukturen während der späten Hallstattzeit. So sind seit dem 19. Jahrhundert Prunkgräber unter großen Hügeln bekannt und die Höhensiedlungen auf dem Breisacher Münsterberg (Baden-Württemberg) und dem Britzgyberg bei Illfurth (Haut-Rhin) werden wegen ihrer topographischen Lage und der mediterranen Importfunde als Plätze mit zentralörtlicher Funktion angesprochen.

Beteiligte Personen: Dr. Andrea Bräuning, Dr. Elisabeth Stephan (Regierungspräsidium Stuttgart), Dr. Imma Kilian, Dr. Muriel Roth-Zehner (Archéologie Alsace, Sélestat), Dr. Suzanne Ploin (Musée Unterlinden, Colmar), Yohann Thomas (Inrap, Strasbourg)

Eine zusammenfassende Vorlage der Funde aus der Oberrheinebene fehlt jedoch bislang; ebenso wenig stehen Daten von bioarchäologischen Untersuchungen zur Verfügung. Mit diesem Projekt (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, KN 1130/3-1) sollen deshalb das Fundgut der alten und neueren Grabungen aufgearbeitet und zugleich anthropologische Untersuchungen an Skeletten durchgeführt werden, um die Materialbasis für weitere Auswertungen zu schaffen. Das Vorgehen dabei ist in erster Linie durch die Fundsituation – Überwiegen von Grabfunden – bestimmt: Anhand der traditionellen Gräberanalyse werden die Belegungsabläufe in Grabhügeln und innerhalb von Nekropolen rekonstruiert, Ausstattungsmuster definiert und deren Verteilung in den Bestattungsplätzen kartiert, mit dem Ziel, aus der Organisation der Nekropolen und den Ausstattungsregeln zu Aussagen über die soziale Organisation zu gelangen.

Abb. 2: Die Rheinaue in der Nähe von Breisach. Noch heute liegt hier ein von kleineren Wasserläufen durchzogenes und zeitweise überflutetes Feuchtgebiet.
Foto: C. Knipper, CEZA.

Im Vergleich mit den Ergebnissen osteologischer Untersuchungen und von Isotopenanalysen wird sich erweisen, inwieweit die Hierarchie der Grabausstattungen auch mit Geschlecht, Alter, Herkunft, Ernährungssituation und Status verbunden war. Aussagen zur Siedlungsorganisation sind von GIS-Analysen zu topographischer Lage und Bodenqualität, verbunden mit Distanzanalysen der Siedlungs- und Bestattungsplätze zu erwarten. Aus Strontium- und Sauerstoffisotopenanalysen von Tierzähnen sind Hinweise auf Muster der Landnutzung und Strategien der Viehhaltung zu gewinnen.

Zusammen mit den archäologischen Hinterlassenschaften ergeben diese Daten auch Indizien für mögliche funktionale Differenzierungen, Nah- und Fernbeziehungen sowie hierarchische Gliederungen der Siedlungen. Für die Zentralorte Münsterberg und Britzgyberg stellt sich vor allem die Frage nach ihrem Verhältnis zueinander. Waren sie gleichzeitig für jeweils eigene Territorien zuständig und bestand damit eine Konkurrenzsituation oder gab es ein zeitliches Nacheinander? Damit verbunden gilt es zu klären, ob die südliche Oberrheinebene in der späten Hallstattzeit ein kulturell, wirtschaftlich und vermutlich auch politisch einheitliches Gebiet war mit dem Rhein als wichtiger Nord-Süd-Verkehrsader, oder ob der Fluss die Grenze zwischen einer östlichen und einer westlichen Region bildete. Auch hier können Isotopenanalysen neue Einblicke in Mobilität und Austauschbeziehungen bieten.

Report

Die bislang am CEZA durchgeführten Isotopenanalysen erbrachten aufschlussreiche Ergebnisse hinsichtlich Landnutzung, Mobilität und Ernährung der ältereisenzeitlichen Bevölkerung beiderseits des Rheins.

Strontium-Isotopenanalysen zeigten, dass die Grabhügel im Breisgau nicht nur Menschen aus der unmittelbaren Umgebung als Bestattungsplatz dienten. Stattdessen gab es in jeder der untersuchten Fundstellen Hinweise auf Männer und/oder Frauen, die jenseits der für die nähere Umgebung charakteristischen quartärzeitlichen Sedimente aufgewachsen sind. Im Gegensatz dazu erscheinen die Daten von 45 Individuen des Gräberfeldes von Sainte-Croix-en-Plaine im Elsass sehr einheitlich. Dagegen erwiesen sich die Strontium-Isotopenwerte der Bestattungen aus Wettolsheim unweit der westlichen Ausläufer der Vogesen als ausgesprochen variabel, was entweder auf die komplexen geologischen Verhältnisse gepaart mit vielseitigen Landnutzungsstrategien oder auf beträchtliche Anteile ortsfremder Individuen zurückzuführen ist. Diesbezüglich werden Sauerstoff-Isotopenanalysen weiteren Aufschluss geben. Erste derartige Ergebnisse für die Fundstellen im Breisgau bezeugen eine nennenswerte Variabilität, die möglicherweise auf eine unterschiedlich intensive Nutzung des Rheins als Trinkwasserquelle zurückgeht, der Wasser alpinen Ursprungs mit vergleichsweise niedrigen δ18O-Werten in die Region führt.

Abb. 3: Der Breisacher Münsterberg ist wie der Eckartsberg im Vordergrund ein teilweise von Löss überdeckter vulkanischer Felsen. Foto: C. Knipper, CEZA.

Die von der Ernährungsweise abhängigen Stickstoff- und Kohlenstoff-Isotopenverhältnisse zeigten ebenfalls beachtliche Unterschiede innerhalb des Arbeitsgebiets. So liegt der Datenschwerpunkt der Individuen der elsässischen Fundstellen – insbesondere von Sainte-Croix-en-Plaine – in beiden Isotopenverhältnissen deutlich über demjenigen der Individuen, deren Gebeine aus den Grabhügeln im Breisgau stammen. Die Bestattungen aus Wettolheim erwiesen sich auch bezüglich der leichten stabilen Isotopenverhältnisse als äußerst heterogen und sprechen für beachtliche Variationen im Konsum pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel, von Hirse und/oder dem Einsatz von Tiermist zur Düngung der Anbauflächen.

Ein zweiter Schwerpunkt der naturwissenschaftlichen Untersuchungen lag auf den Tierknochen und –zähnen aus mit den untersuchten Gräbern gleichzeitigen Siedlungen von Mengen „Löchleäcker“ und dem Münsterberg in Breisach. Die Sr-Isotopendaten bezeugen, dass die Tierhaltung nicht nur auf die Lössflächen konzentriert war, sondern sowohl Standorte auf vulkanischem Untergrund im Kaiserstuhl als auch auf geologisch alten Gesteinen einbezogen waren, wie sie im Schwarzwald und in den Vogesen anstehen. Besonders bemerkenswert ist die Variabilität der Herkunftsorte der Schweine, Schaf/Ziegen und Rinder während der Phase HaD3 auf dem Münsterberg. Dies mag von einem weitläufigen Einzugsgebiet des Zentralortes während der späten Hallstattzeit zeugen und trägt entscheidend zur Diskussion um seine Bedeutung als möglicher Fürstensitz bei.